Spielerisch den Bluthochdruck senken mit 3F-Fussball

Vom 1. April 2019 bis zum 31. Dezember 2020 fand im Landkreis Cloppenburg ein bisher einmaliges Präventionsprogramm statt. Rund 100 Männer und Frauen im Alter von 35 bis 70 Jahren nahmen an sechs Standorten an der Studie „Fit und Fun mit Fußball“ teil. Für das Fußball-Journal Niedersachsen fasst der Studienleiter und Internist Professor Dr. Joachim Schrader die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

Sport senkt alle Risikofaktoren. Damit ist sportliche Aktivität die präventivste Maßnahme gegen Herzinfarkt und Schlaganfall. Trotzdem treiben in Deutschland nur 40 Prozent der Menschen Sport, wobei davon die Mehrzahl ohnehin gesund und fit sind. Unser Problem sind Menschen Ende 40 oder älter Mitte 50, die wegen Beruf und Familie jahrelang keinen Sport betrieben haben und vielleicht Risikofaktoren entwickelt haben. Diese sind schwer für den Sport zurückzugewinnen. Als populärste Sportart in Deutschland mit einer flächendeckenden Infrastruktur in über 24.000 Vereinen könnte der Fußball eine führende Rolle in der Prävention von Herz-Kreislaufkrankheiten einnehmen.

Allerdings hat Fußball als Präventions- oder Gesundheitssportart derzeit praktisch keine Bedeutung. Ein Angebot für Fußballspielen als „Gesundheitssport“ gibt es derzeit nicht oder nur in Ausnahmefällen. Hinzu kommt, dass bei vielen Ärzten immer noch die Meinung vorherrscht, Fußball sei für Menschen mit Risikofaktoren als Sportart ungeeignet.

Die große Zielgruppe für „Gesundheitsfußball“ sind Menschen, die Fußball und Mannschaftssport lieben, aber keinen Wettkampffußball wollen oder sich dafür nicht mehr fit genug fühlen. Neben dem Wettkampffußball ist es deshalb sinnvoll, auch Personen, die aus Spaß, Fitness oder Gesundheit Fußball spielen möchten, entsprechende Angebote zu machen. Grundlage dafür ist ein spezifisches, auf die Notwendigkeiten einer Gesundheitsverbesserung abgestelltes Trainings- und Spielprogramm. Es soll Verletzungen weitgehend verhindern und jedem Spieler, jeder Spielerin viele Ballkontakte erlauben – unabhängig von den individuellen fußballerischen Fähigkeiten. Die Spielformen legen viel Wert auf Koordination und Kognition. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, in einer Mannschaft mit Spaß und nur geringem Verletzungsrisiko zu spielen.

Das von lizenzierten DFB-Trainern entwickelte 3F-Trainings- und Spielkonzept wurde in einer Handreichung festgelegt. Unsere 100 Versuchspersonen gehörten alle der Risikogruppe ‚Bluthochdruck‘ an. Nach knapp einem Jahr mit einem angeleiteten und medizinisch begleiteten Fußballtraining konnten wir drei positive Ergebnisse feststellen: Gewichtsverlust, reduzierte Medikamenten-Einnahme und sinkende Blutdruckwerte. Darüber hinaus kam es zu einer signifikanten Verbesserung des Stressempfindens und depressiven Symptomen. Schwere Verletzungen traten dabei nicht auf.

Fazit: Die populärste Sportart Fußball senkt den häufigsten Risikofaktor, den Bluthochdruck. Ziel sollte deshalb sein, Fußball in Deutschland als „Gesundheitsfußball“ zu etablieren und entsprechende Angebote in Fußballvereinen zu verankern. Nicht zuletzt auch um den gesellschaftlichen Stellenwert auf diesem Gebiet zu steigern. Es sollte zu denken geben, dass Fußballspielen aus Spaß, Fitness oder Gesundheit zunehmend selbst organisiert und nicht im Verein ausgeübt wird. Laut Umfragen soll der Anteil des selbstorganisierten Sports mit 76 Prozent deutlich höher sein als der Vereinsfußball (23%). Damit verlieren die Fußballvereine potenzielle aktive Mitglieder. Dabei hat der DFB mit seinen Verbänden alle Möglichkeiten zum Marktführer auf diesem Gebiet zu werden: Er verfügt über die notwendige Infrastruktur sowie das evaluierte Trainings- und Spielkonzept „Gesundheitsfußball“ und über eine Vielzahl ausgebildeter Trainer, die leicht die 20 Unterrichtseinheiten umfassende Zusatzqualifikation erwerben können.

Joachim Riegel lässt beim FSV Hesedorf/Nartum abwechselnd Walking Football und 3F spielen.

Auch im NFV-Kreis Rotenburg gibt es erste Vorreiter beim 3F-Fussball

Nach einem erfolgreichen Aufruf zur Teilnahme in 2019 gründete Joachim Riegel beim FSV Hesedorf/Nartum (NFV-Kreis Rotenburg) eine Walking Football-Gruppe, die inzwischen auch nach 3F-Kritierien trainiert.

Nach einem Workshop in Barsinghausen war Joachim Riegel von den Inhalten der 3F-Maßnahme begeistert. „Was Referent Michael Fraenkel uns an Übungen gezeigt hat, das habe ich in meinem ganzen Fußballerleben noch nicht gelernt. Der war richtig klasse“, so Riegel. Das Lob kommt dabei durchaus aus berufenem Munde, denn der bald 64-Jährige ist Fußballer seit Kindesbeinen an und wirkte unter anderem 30 Jahre auch als Trainer, darunter in der Herren-Kreisliga. „Man hat ja früher ganz anders trainiert, insofern hat es mich nicht überrascht, dass einige Trainingsinhalte neu für mich waren.“

Besonders die vorgemachten gymnastischen Übungen haben es Riegel angetan. Deshalb gehören Yogaelemente jetzt zum festen Bestandteil seines Trainingsprogramms, das, so Riegel, „manchmal den Schwerpunkt auf 3F hat und manchmal auf Walking Football.“ Seiner Gruppe gehören zwölf Personen fest an. „Der überwiegende Teil ist über 55 Jahre. Wir nehmen aber jeden auf, gleich welchen Alters“, sagt Riegel und berichtet von einem 30-Jährigen, der derzeit damit liebäugelt, der Gruppe beizutreten.

Fast allen Gruppenmitgliedern gemein ist, dass sie seit Jahrzehnten bei dem in 2013 gegründeten FSV Hesedorf/Nartum bzw. den Stammvereinen FC Hesedorf und TuS Nartum Mitglied sind, sich vor 2019 aber schon lange nicht mehr aktiv am Vereinsleben beteiligt hatten. „Wie das eben auf dem Dorf so ist: Man hält seinem Verein die Treue, zahlt seinen Beitrag und damit ist gut“, sagt Riegel. An 3F gefällt ihm nicht zuletzt, „dass gute Techniker gefragt sind.“ Deshalb flachst er: „Das ist natürlich nichts für Spieler wie früher Berti Vogts, die auf der Höhe der Grasnarbe zur Grätsche ansetzen.“

Für evtl. Fragen steht Joachim Riegel als Pressewart des NFV-Kreis Rotenburg allen Interessierten jederzeit zur Verfügung.


Autor: Prof. Dr. Joachim Schrader / Günter Sievers, Kreisvorstand